Jay Gard
Farbkreis Herbert, 2025

Mit Herbert präsentiert Jay Gard einen seiner charakteristischen Farbkreise – ein Werk, das persönliche Erinnerung, kunsthistorische Referenz und konzeptuelle Analyse miteinander verknüpft. Benannt ist die Arbeit nach Gards Großvater Herbert, der in der DDR als Maler tätig war. Allerdings beschränkte sich seine Tätigkeit - im Vergleich zu der seines Enkels - auf das Streichen weißer Wände in Bergwerken: ein Sinnbild für die fehlende künstlerische Freiheit und Selbstverwirklichung in einem restriktiven System. Mit der Widmung im Titel ehrt Gard nicht nur seinen Großvater, sondern reflektiert auch über die Bedingungen künstlerischer Produktion sowie die Bedeutung individueller Ausdrucksmöglichkeiten im Wandel der letzten Dekaden.

Die Farbpalette des Kreises entlehnt Gard dem Werk der britischen Malerin Cecily Brown. In akribischer Analyse extrahiert er die in Browns Gemälden dominierenden Farbtöne und ordnet sie in einem kreisförmigen Schema an. Dieser Prozess macht die physikalischen Eigenschaften von Farbe – als Lichtphänomen und visuelle Wahrnehmung – ebenso sichtbar wie ihre emotionalen und subjektiven Wirkungen. Gard hat nach eigenen Angaben über 30 solcher Farbkreise zu Cecily Browns Werk erstellt.

Jay Gard, geboren 1984 in Halle (Saale), ist Bildhauer mit einem intensiven Interesse an Farbe. Seine künstlerische Laufbahn begann er mit dem Studium der Malerei und Grafik an der Hochschule für Kunst und Design Burg Giebichenstein in Halle. Von 2006 bis 2008 arbeitete er für die Künstler Tom Sachs in New York und Thomas Demand in Berlin. Anschließend setzte er sein Studium an der Hochschule für Grafik und Buchkunst in Leipzig fort. Seit 2012 lebt und arbeitet er in Berlin.

Gards Werke zeichnen sich durch eine Verbindung von Ästhetik und Rationalität aus. Seine Ausdrucksweise ist von strengen geometrischen Formen geprägt, wobei industrielle Materialien wie Holz, Sperrholz und Stahl zum Einsatz kommen. Die Oberflächen seiner Arbeiten sind oft mit Industriefarben lackiert, wobei Spuren des Herstellungsprozesses – wie Schleifspuren oder Maßangaben – sichtbar bleiben.

In seinen Farbkreis-Arbeiten untersucht Gard die Farbschemata verschiedener Künstler:innen, darunter Hans Purrmann, Henri Matisse, Josef Albers und Gabriele Münter. Dabei stellt er Beziehungen zwischen Farben her, analysiert komplementäre Eigenschaften und macht Farbwirkungen sichtbar. In der Tradition von Josef Albers' Interaction of Color erforscht Gard die Wechselwirkungen von Farbe, Form und Wahrnehmung.

Der Farbkreis Herbert steht exemplarisch für Gards künstlerischen Ansatz, der persönliche Geschichte, kunsthistorische Analyse und formale Strenge miteinander verbindet. Der Farbkreis wird so zu einem Medium, das sowohl individuelle Erinnerungen als auch universelle Fragen nach der Wirkung und Bedeutung von Farbe thematisiert.

Jay Gard hat seine Werke in zahlreichen renommierten Institutionen und Galerien präsentiert, darunter das Museum Gunzenhauser in Chemnitz, die Galerie Kornfeld in Berlin, Gether Contemporary in Kopenhagen und das Jonas Mekas Visual Arts Center in Vilnius. Seine Arbeiten sind in bedeutenden öffentlichen und privaten Sammlungen vertreten, wie dem Bauhaus Museum Dessau und der Sammlung des Bundes.

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