Sofia Goscinski
Desert Plants, 2020-2025
Sofia Goscinski, geboren 1979 in Wien, begann ihre künstlerische Laufbahn mit Fotografie, später wandte sie sich vermehrt Medien- und Konzeptkunst zu. Insbesondere der Konzeptkunst ist die Verlagerung von Prozessen immanent, sodass Kunstschaffende nicht immer werkbezogene Arbeitsschritte selbstständig ausführen müssen. Jedoch führte Sofia Goscinski ein Weg der Notwendigkeit ab 2005 zu einem neuen, materialbezogenen Zugang. Heute ist die Bildhauerei für sie nicht nur Medium, sondern Zentrum ihres künstlerischen Schaffens – ein prozessorientierter Zugang, der sich über Jahre verfeinert und verdichtet hat.
In Schwante zeigt Goscinski Arbeiten aus ihrer Werkgruppe Desert Plants: schlanke, säulenartige Skulpturen aus Beton und Bronze, inspiriert von Kakteenformen der mexikanischen Wüste. Wie archaische Pflanzen stehen die fragilen, vertikal wachsenden Stelen im Raum, individuell in ihrer Gestalt, doch als Gruppe tief verbunden – wie eine stille Versammlung überdauernder Wesen. Die formale Reduktion, die feingliedrige Gestik der Skulpturen und ihre tektonische Aufrichtung rufen Erinnerungen an Alberto Giacometti wach. Doch im Unterschied zur distanzierten Abstraktion klassischer Vertreter der Minimal Art – etwa Ulrich Rückriem oder Bernar Venet – bleibt ihre individuelle Handschrift sichtbar: Fingerabdrücke, Kerben, Spurensetzungen im Beton erzählen von physischer Nähe, von Körperlichkeit im Prozess.
Beton ist dabei mehr als nur ein Material – er ist Träger einer Ambivalenz, die Goscinski bewusst ins Werk setzt. Als Sinnbild urbaner Verdichtung, als Mitverursacher von Bodenversiegelung und CO₂-Belastung steht Beton sinnbildlich für viele ökologische Dilemmata der Gegenwart. Indem Goscinski ihn jedoch in organische, pflanzenartige Formen überführt, kehrt sie die Erzählung um: Aus dem Symbol der Belastung wird ein Bild von Anpassung, von Überlebenskunst. Aus der Betonwüste wird ein Betongarten.
Die Desert Plants sind nicht zufällig nach Wüstenpflanzen benannt – konkret etwa dem Pachycereus pringlei, einem der größten Kakteen Mexikos. Diese Pflanzen sind Meister der Resilienz. Sie überdauern in Extrembedingungen: Hitze, Trockenheit, Mangel an Nährstoffen. Ihre Physiognomie ist nicht nur Ausdruck von Anpassung, sondern von Überleben – eine Qualität, die Goscinski ins Gesellschaftliche überträgt. In einer Welt, die durch Klimawandel, soziale Instabilität und strukturelle Ungleichheit geprägt ist, fordert Desert Plants eine neue Form der Widerstandskraft ein. Die Skulpturen wirken wie leise Mahnmale, gleichsam poetische Symbole einer Welt, in der wir neu lernen müssen, mit Ressourcen, Körpern und Systemen umzugehen.
Sofia Goscinskis Werke wurden in zahlreichen renommierten Institutionen präsentiert, darunter das Lentos Kunstmuseum Linz, die Kunsthalle Wien und das Museum für angewandte Kunst (MAK) in Wien. Ihre Arbeiten sind in bedeutenden öffentlichen Sammlungen vertreten, wie dem Belvedere Wien, dem Lentos Kunstmuseum Linz, dem Wien Museum, der Sammlung des Bundes sowie der Sammlung Friedrichshof.






